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Föderative Stammesstaaten

Tanji - Tongefäß aus der Eisenzeit

Tanji - Tongefäß aus der Eisenzeit
Bildquelle: National Museum of Korea, 중박 201204-2166

In der Zeit der ‚Streitenden Reiche‘ Chinas (475 - 221 v. Chr.) wanderten Menschen aus dem Norden Chinas nach Osten aus. Mit diesen Flüchtlingsströmen kam im 4. Jahrhundert v. Chr. eine neue, entwickelte Kultur in die Region der koreanischen Halbinsel: die Eisenkultur. Diese ermöglichte den dort lebenden Stammeseinheiten eine bessere Landwirtschaft und auf diese Weise auch ein fortschrittliches gesellschaftliches System. Die Entwicklung führte dazu, dass sich in der mandschurischen Gegend und auf der koreanischen Halbinsel sieben koreanische Stammesstaaten bildeten. Damit begann eine Beziehung zwischen China und Korea, die den Verlauf der koreanischen Geschichte und die kulturelle Entwicklung Koreas maßgeblich beeinflusste.

Die sieben Stammesstaaten waren Puyŏ, Koguryŏ, Okchŏ, Tongye, Mahan, Pyŏnhan und Chinhan. Sie erstreckten sich von der nördlichen Mandschurei bis zur südlichen koreanischen Halbinsel und werden als ‚föderative Stammesstaaten‘ bezeichnet. Diese Bezeichnung ist auf ihre politische Struktur zurückzuführen. Gemeinsam war den Staaten ein Herrschaftssystem, bei dem es jeweils einen König als Symbolfigur und mehrere Anführer aus dem jeweiligen Stamm gab. Der König scheint mehr oder weniger rituelle Aufgaben übernommen zu haben, für die er, z. B. im Falle einer schlechten Ernte, auch zur Rechenschaft gezogen wurde.

Die Herrschaftsstruktur der Stammesstaaten ist ein Hinweis darauf, dass es, anders als bei den stammesgemeinschaftlichen Einheiten in der Bronzezeit (z. B. in Kojosŏn), bereits eine Trennung zwischen Ritual- und politischen Führern gab. Dieses Phänomen wird insbesondere aus der Überlieferung der drei südlichen Han-Stammesstaaten deutlich. Dort gab es einen rituellen Ort Sodo, der als heilig galt, und es wurde eine begriffliche Unterscheidung zwischen Kunjang (Gruppenführer) für den Herrscher und Ch’ŏn‘gun (Himmelsherr) für den Ritualführer getroffen. Daraus wird deutlich, dass die föderativen Stammesstaaten in einer Übergangsphase existierten, in der sich frühpolitische Stammesführerstaaten unter der Herrschaft eines Anführers zu Königreichen mit einer komplexeren Herrschaftsstruktur entwickelten. Die föderativen Stammesstaaten gliederten sich dann in die drei koreanischen Königreiche ein, die sich der koreanischen chronologischen Geschichtsschreibung, dem Samguk sagi, nach um das 1. Jahrhundert v. Chr. in der Region der koreanischen Halbinsel formierten. Allerdings existierte das am nördlichsten gelegene Puyŏ über den Zeitraum hinaus, bis es 494 n. Chr. von einem der späteren Königreiche, Koguryŏ, annektiert wurde.

Der nördlichste Stammesstaat pflegte die meisten Kontakte zu chinesischen Staaten. Hier wie dort gab es eine vergleichbare Bestattungskultur, Sitten und Gebräuche, außerdem wird in der chinesischen Geschichtsschreibung das Leben der Menschen von Puyŏ relativ häufig beschrieben. Dieser Stammesstaat spielte bei der Gründung der darauffolgenden drei Königreiche Koreas eine wichtige Rolle. Unter Druck gesetzt durch die Expansion der chinesischen Han-Dynastie nach Osten wanderten die Menschen von Puyŏ nach Süden. Im Verlauf dieser Fluchtbewegungen kam wahrscheinlich ein Trupp Soldaten aus Puyŏ in den Stammesstaat Koguryŏ und gründete aus diesem heraus unter dem gleichen Namen eines der drei koreanischen Königreiche.

Die Auswanderer aus Puyŏ drangen weiter in den Südwesten der koreanischen Halbinsel vor und bildeten mit den dort ansässigen Stämmen einen Stammesstaat, aus dem ein anderes der drei Königreiche hervorging: Paekche. Andere Auswanderer aus dem Norden fanden im nördlichen Gebiet des Königreichs Silla Zuflucht. Vor diesem Hintergrund wird die wichtige Rolle, die der föderative Stammesstaat Puyŏ in der koreanischen Geschichte spielt, deutlich.

Chongjang p’an-gab - Eiserne Schutzkleidung aus der Eisenzeit

Chongjang p’an-gab - Eiserne Schutzkleidung aus der Eisenzeit
Bildquelle: Pusan National University Museum

Der im mandschurischen Gebirgsgebiet verbliebene Stammesstaat Koguryŏ litt unter Nahrungsmittelknappheit und führte deshalb häufig mit benachbarten Staaten kriegerische Auseinandersetzungen, vor allem mit den zwei kleineren Stammesstaaten Okchŏ und Tongye, die aufgrund ihrer Landwirtschaft und Fischerei keinen Mangel litten. Bei der Entstehung des KönigreichsKoguryŏ im 1. Jahrhundert v. Chr. gingen beide darin auf.

In den fruchtbaren Ebenen der südlichen drei Han-Stammesstaaten Mahan, Pyŏnhan und Chinhan begannen der Reisanbau und die landwirtschaftliche Entwicklung viel früher als in den anderen Stammesstaaten. Diese Art der Produktion des Hauptnahrungsmittels erforderte eine gemeinschaftliche Arbeitsform, aus der sich die traditionelle gemeinschaftliche Arbeitsmethode auf dem Land, Ture, entwickelte.

Um das 1. Jahrhundert v. Chr. hatten sich die föderativen Stammesstaaten allmählich aufgelöst. Aus ihnen entstanden die koreanischen drei Königreiche, die in ihrer ersten Zeit noch den politischen Charakter eines Stammesstaates hatten.

 

Hee Seok Park