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Smelling the Metropolis: Emission, Infektion und Olfaktion in London (ca. 1650-1850)

Den Ausgangspunkt des Forschungsvorhabens bildet die Beobachtung, dass die Umgebungsluft in der Vormoderne zentraler Gegenstand wissenschaftlicher, gesellschaftlicher, rechtlicher und politischer Diskurse war und ihrer Qualität große Bedeutung für die Gemeinwesen zugeschrieben wurde. Was Luft als Element ausmachte, wodurch sie beeinflusst, verunreinigt oder gereinigt werden konnte und wie sie sich auf menschliche Körper und städtisches Leben auswirkte, waren Fragen, die von Zeitgenossen intensiv beobachtet und diskutiert wurden. Die Fragen waren insbesondere in einem verdichteten Raum wie der bevölkerungsreichen Metropole London existenziell – einer Stadt, die zwischen 1650 und 1850 mit gravierenden ökologischen und medizinischen Problemen konfrontiert war, die zeitgenössisch als unmittelbar mit der Umgebungsluft verknüpft galten. Grundlage der Diskurse waren Annahmen, die verschiedenen Konzepten entstammten und miteinander kombiniert wurden, etwa der Miasmenlehre, Humoralpathologie und Alchemie. Diese Konzepte waren nicht nur in der zeitgenössischen Wissenschaft relevant, sondern spielten auch im Alltag eine Rolle: So bewerteten etwa Bewohnerinnen und Bewohner von Städten regelmäßig den Zustand der Umgebungsluft und ihre Wahrnehmungen flossen in administrative Verfahren ein. Sie hatten darüber hinaus Auswirkungen darauf, wie Zeitgenossen städtische Räume wahrnahmen und nutzten, und welche Ideen von Stadtgemeinschaft und sozialer Distinktion sie entwickelten.

Als Instrument der Analyse von Luft diente der Geruchssinn, der in diesem Zusammenhang auch zur Erkennung und Prävention von Gefahren eingesetzt wurde. Gegenüber visuellen Prüfungen konnte der Geruchssinn den Vorteil haben, unmittelbarer und durchaus auch differenzierter zu informieren. Zugleich taugte er zur Kontrolle von Maßnahmen zur Reinigung der Luft. Der Geruchssinn diente also der Erschließung und Versicherung über die Umwelt und ihre Gefahren – und hatte damit, neben der ästhetischen, eine instrumentelle Funktion.

Ziel des Projekts ist es, den zeitgenössischen wissenschaftlichen Diskurs und urbane Praktiken auszuwerten, die medizinischen und ökologischen Konzepte von Emission und Infektion zu ermitteln und die Auswirkungen für Stadtraum und Stadtgemeinschaft zu untersuchen.

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"The research project is based on the observation that the ambient air in London in the early modern period was an important subject of scientific, social, legal and political discourse and that great importance was attached to its quality: What constituted air as an element, what could influence, pollute or purify it and how it affected human bodies and urban life were questions that were intensely observed and debated by contemporaries. The questions were particularly existential in a populous metropolis like London - a city that between 1650 and 1830 was confronted with serious ecological and medical problems that were considered at the time to be directly linked to the ambient air.

The sense of smell served as an instrument for analysing air, which was also used in this context to detect and prevent hazards. Compared to visual inspections, the sense of smell had the advantage of providing more immediate and differentiated information. At the same time, it was suitable for monitoring measures to purify the air, such as burning herbs or ventilating houses and streets. The sense of smell therefore served to provide information and reassurance about the environment and its dangers - and thus had an instrumental function as well as an aesthetic one.

The project is based on case studies on three topics: the early modern plague outbreaks associated with air in London, in particular the Great Plague of 1665/1666; urban air pollution in gereral; and the discourses on and practical handling of air during the first wave of cholera in the 1830s. In this way, it will be possible to analyse the historical development discourses and practices up to the 'Sattelzeit'."

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